Mogelpackung neue Betriebsrente?

Am 1. Juni 2017 verarbschiedete der Bundestag das Betriebsrentenstärkungsgesetz.

Kurz zusammengefasst: Der Arbeitnehmer (AN) wandelt seinen Barlohn zum Teil in eine Betriebsrente um. Dadurch sinkt sein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen. Klingt erst mal gut, weil Steuern und Abgaben gespart werden. Der Arbeitgeber (AG) zahlt 15% dazu und erhöht dadurch das angesparte Betriebsrenten-Kapital. Klingt auch nicht schlecht, weil mehr Renteneinzahlung.

Aber: durch den verringerten sozialversicherungspflichtigen Lohn wird auch weniger in die gesetzliche Rente eingezahlt, was zu einem geringeren Anspruch daraus führt. Und der Arbeitnehmer spart sich deshalb erst mal rund 20% und zahlt dann den geringeren Zuschuss von 15%. Ein Viertel des bisher gezahlten Sozialversicherungsanteils des Arbeitnehmers steckt sich dieser also jetzt in die eigene Tasche. Umverteilung von oben nach unten.

Und es kommt noch schlimmer: Die Arbeitgeber werden aus der Haftung entlassen, das Risiko trägt allein der Arbeitnehmer. Denn es gibt keine Garantiesumme, lediglich eine Zusage, mindestens das eingezahlte Kapital zurück zu bekommen. Bei den üblichen Laufzeiten von Jahrzehnten bedeutet das nichts anderes als eine eiskalte Enteignung. Denn durch die aktuelle Niedrigzins-Politik der EZB wird die Inflation in den nächsten Jahren stark ansteigen, sodass das heute eingezahlte Kapital am Ende – hoffentlich wenigstens noch – die halbe Kaufkraft haben wird.

Denn eine Inflation von „nur“ 2% – das ist für die EZB „normal“ und die angestrebte Zielgröße – macht aus einem Kapital von 1.000 Euro in einem Zeitraum von 30 Jahren eine Kaufkraft von nur noch 552 Euro – ein Kaufkraftverlust von 45%. Nach heutigem Wissensstand wird aber über die nächsten 30 Jahre eine wesentlich höhere Inflationsrate erwartet. Noch weitaus höherer Kaufkraftverlust droht.

Dazu kommt: die im Alter ausgezahlte Rente unterliegt der Steuer- und Sozialversicherungspflicht.

Ist das die Vorstellung von „Sozialer Gerechtigkeit“ der Schulz-SPD? Nein, das sind Nebelkerzen und den Wählern wird Sand in die Augen gestreut. Die jetzige Regierung (mit SPD-Beteiligung) nimmt eine Enteignung im Renten-Alter billigend in Kauf. Und das federführend von einer SPD-Sozialministerin. Hat Andrea Nahles bei diesem Gesetz nicht nachgedacht und gerechnet? Das wäre schlimm. Noch schlimmer aber wäre es, wenn sie nachgedacht und gerechnet hätte und trotzdem das Gesetz so formuliert hat. Das ist meiner Meinung nach ein klarer Verstoß gegen ihren Amtseid (Nutzen mehren, Schaden abwenden) – kann man aber nicht einklagen.

Schon die Altersvorsorge an sich ist ein Zwei-Klassen-System.

Arbeitnehmer haben nach 45 Jahren Beitragszahlung einen Renten-Anspruch auf den Durchschnittsverdienst aus dieser Zeit. Das Rentenniveau sank dabei von 52,9% im Jahre 2000 auf nur noch 47,9% im Jahre 2016. Und es wird weiter sinken bis auf knapp über 40% im Jahre 2030. Wohlgemerkt, aus dem Durchschnittsverdienst eines ganzen Arbeitslebens.

Abgeordnete und Beamte sind – wie könnte es auch anders sein – davon natürlich nicht betroffen. Denn Abgeordnete haben eine eigene überaus üppige Versorgung und die Beamten bekommen gut 71% ihres letzten Bruttogehalts. ZeitOnline schreibt in ihrem Artikel „Fünf Jahre Arbeit, 1.573 Euro Pension“ vom 07. Juni 2016: „Die Höhe einer Beamtenpension richtet sich ausschließlich nach dem letzten Gehalt. Das ist üblicherweise das höchste. Dagegen bekommen Normalrentner das, was sie im Laufe ihres Arbeitslebens an Entgeltpunkten zusammengesammelt haben, also einen Teil ihres Lebensdurchschnittsverdienstes. Schon allein dadurch sind Beamtenpensionen erheblich höher.“

Wenig erstaunlich: kein Ex-Beamter bezieht Grundsicherung. Dazu kommt: Beamte sind unkündbar, das heißt sie haben einen absoluten Kündigungsschutz, während normale Arbeitnehmer auch entlassen werden können und dann von Arbeitslosenhilfe leben müssen. Müsste das nicht dem Beamten etwas wert sein und beispielsweise zu einem Solidaritätsabschlag auf einen Beamtensold in Höhe von z.B. 20% führen? Keineswegs, der Deutsche Beamtenbund zeigt sich entrüstet ob solcher Vorschläge und warnt vor einer Neid-Debatte. Das übliche Totschlag-Argument.

Hat das schon mal jemand thematisiert? Interessiert das unsere Volksvertreter im Parlament? Wohl kaum, denn Beamte dominieren den Bundestag. Das es mit ein bisschen Interesse für die Belange der Rentner auch anders geht, zeigen die Nachbarländer wie z. B. Österreich. Dort gibt es unter gleichen Voraussetzungen eine rund doppelt so hohe Rente wie in Deutschland.

Also Zeit für „zivilen Ungehorsam“? Ja, ich rate dringend davon ab, sich auf diese „neue“ Betriebsrente einzulassen. Wer jetzt immer noch nicht begriffen hat, dass die Regierung die Rente zu Tode reformiert hat und Unternehmer-Intressen vertritt und dadurch klammheimlich den Generationenvertrag aufgekündigt hat, dem ist nicht mehr zu helfen.

Jetzt gilt es, die Altersvorsorge selbst in die Hand zu nehmen. Und das ist so schwer gar nicht. Außer Interesse an diesem Thema braucht man „nur“ ein bisschen Geld und Zeit. Das nötige Wissen kann man sich aneignen und es ist auch nicht viel schwerer als den Führerschein zu erwerben.

PS:
Nach einer dpa-Meldung vom 02. Juni wollen fünf Versicherer „Das Rentenwerk“ gründen. Weiter heisst es: Mit dem Beschluss des Bundestags zur Reform der Betriebsrente fällt auch der Startschuss für die weitere Planung eines gemeinsamen Angebots von fünf Traditions-Versicherern in diesem Markt. Unter dem Namen „Das Rentenwerk“ beabsichtigen die Lebensversicherer von Barmenia, Debeka, Gothaer, HUK-Coburg und Die Stuttgarter, eine flexible Betriebsrente anzubieten, die Arbeitgeber und Gewerkschaften an ihre Bedürfnisse anpassen können. Das Bundeskartellamt muss dem Vorhaben noch zustimmen. Die erforderliche Fusionskontrollanmeldung haben die beteiligten Unternehmen am 30. Mai 2017 dort eingereicht.

Da die Gründung einer derart umfangreichen „Anstalt“ von fünf bisherigen Wettbewerbern nicht von gestern auf heute möglich sein dürfte, ist anzunehmen, dass die Versicherungswirtschaft schon seit längerem in die Gesetzgebung involviert war. Ein Schelm, wer Böses denkt.

Allianz Studie 2016 zu Pensionssystemen

Auf Basis von Variablen wie demografischen Trends, der Situation der Staatsfinanzen sowie der Ausgestaltung des Pensionssystems wird im Allianz Pension Sustainability Index die Notwendigkeit weiterer Pensionsreformen in einer Kennzahl zusammengefasst: Bei einer Gesamtbewertung von 10 besteht kein Bedarf – ein Score von 1 deutet auf hohen Reformdruck hin. Weltweit weist Australien – wie auch im Jahr 2014 – das nachhaltigste Pensionssystem mit dem geringsten Reformdruck auf, Platz 2 belegt Dänemark, gefolgt von Schweden.

Mit Chile, Frankreich, Japan, Malaysia und Mexiko konnten fünf Länder im Vergleich zum Ranking 2014 mehr als fünf Plätze gutmachen. Im aktuellen Index deutlich abgerutscht – ebenfalls um mindestens fünf Plätze – sind neben Kroatien und Irland auch Russland und die Schweiz. Auf dem 54. und damit letzten Platz befindet sich Thailand, knapp hinter China (53.), Slowenien (52.) und Griechenland (51.). Das nachhaltigste Pensionssystem der D-A-CH-Region hat laut aktueller Studie die Schweiz (Platz 13), gefolgt von Deutschland (Platz 25). Österreichs Pensionssystem wird in Sachen Nachhaltigkeit weiterhin ein eher durchschnittliches Zeugnis ausgestellt und es belegt somit Platz 28.

Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass vor allem jene Länder gut positioniert sind, deren Altersvorsorgesysteme breiter angelegt sind und die ihre jeweiligen Reformen frühzeitig begonnen haben. „Ein gutes Ranking im Index deutet darauf hin, dass das Pensionssystem eines Landes mit aktuellen und künftig zu erwartenden demografischen Entwicklungen mithalten kann. Frühzeitig eingeführte Reformen scheinen hier langsam aber sicher Früchte zu tragen“, erklärt Brigitte Miksa, Leiterin International Pensions bei Allianz Asset Management AG.

Der Pensionsindex veranschaulicht darüber hinaus jene Indikatoren, die den Reformdruck für Altersvorsorgesysteme erhöhen. Dazu zählt auch der Alterungsprozess der Bevölkerung eines Landes, dessen Entwicklung aus dem „Altenquotient“ abgelesen werden kann. Dieser misst das Verhältnis zwischen den Über-65-Jährigen zu denjenigen im Haupterwerbsalter zwischen 15 und 64 Jahren. Wie die Allianz Studie zeigt, wird sich der Altenquotient bis 2050 in vielen Regionen der Welt deutlich steigern: Spitzenreiter ist Lateinamerika mit einer Verdreifachung dieses Wertes, in Nordamerika und Europa wird ein Zuwachs um 75 Prozent prognostiziert. Als wesentliche Treiber für diese Entwicklung sehen Allianz Experten vor allem niedrige Geburtenraten sowie den Übergang der Babyboomer-Generation in den Ruhestand. Hierzulande wird der Altenquotient von derzeit 28,3 auf 54,8 im Jahr 2050 steigen. Das bedeutet, dass immer weniger Erwerbstätige für eine immer größer werdende Anzahl an Pensionisten aufkommen müssen. „Der Rucksack der arbeitenden Bevölkerung wird 2050 fast doppelt so schwer sein wie heute“, so Littich.

Pensionsreformen, die in den letzten zehn bis 15 Jahren eingeführt worden sind, haben die globale Pensionslandschaft massiv verändert: Kapitaldeckungsverfahren gewinnen gegenüber Umlageverfahren weltweit an Bedeutung, beitragsorientierte Pensionspläne gegenüber leistungsorientierten.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnt hierzulande insbesondere der Vorsorgeaspekt der konkurssicheren Lebensversicherung an Bedeutung: Im Jahr 2030 wird jeder dritte Österreicher älter als sechzig Jahre alt sein, die Lebenserwartung steigt statistisch um drei Monate pro Jahr und jedes zweite derzeit Neugeborene wird hundert Jahre alt. Das Älterwerden bietet eine großartige Lebensperspektive, da die Menschen dank medizinischer Fortschritte bis ins hohe Alter aktiv bleiben können. Das Umlageverfahren hat aufgrund der demografischen Entwicklungen ein degressives Leistungsvolumen für den Einzelnen zur Folge. „Das Umlagesystem bietet zwar eine gute Grundversorgung, aber die zweite und dritte Säule werden künftig an Bedeutung gewinnen. Niemand kann genau voraussagen, wie hoch die staatliche Pension in zwanzig, dreißig oder mehr Jahren ausfallen wird. Die Lebensversicherung ist die einzige Sparform, welche nicht nur eine Leistung an sich, sondern auch die Höhe der Pension über lange Zeithorizonte garantieren kann – auch wenn Kunden hundert Jahre oder älter werden“, erklärt Littich.

Die Rolle der Lebensversicherung als Absicherung von biometrischen Risiken ist ebenfalls zu beachten: Neben den Risiken Berufsunfähigkeit, Invalidität und Pflegebedürftigkeit werde insbesondere das Ablebensrisiko fälschlicherweise unterschätzt: Jeder siebente 40-Jährige erlebt seinen 65. Geburtstag nicht. Durch den Abschluss eines Versicherungsvertrages sind Hinterbliebene finanziell bestens abgesichert. Jährlich wird so die Existenz von über 40.000 Familien gesichert, die dadurch in geringerem Ausmaß auf staatliche Auffangnetze zurückgreifen müssen.

Der Pensions Sustainability Index (PSI), herausgegeben von Allianz Asset Management, analysiert die aktuellen und zukünftigen Aussichten der Pensionssysteme und betrachtet dabei Variablen wie demographische Entwicklungen, öffentliche Finanzen und das Design des Pensionssystems, um in einem Indikator den Pensionsbedarf festzustellen. Ein PSI von 10 würde bedeuten, dass es in einem Land keinen Reformbedarf gibt, ein Indikator von 1 würde einen akuten Reformbedarf bedeuten. Der PSI wurde erstmals 2004 publiziert und wurde im Vergleich zur letzten Untersuchung im Jahr 2014 von 50 auf 54 Staaten erweitert. Neu dabei sind Argentinien, Kolumbien, Peru und die Philippinen.

Wenn ich solche Analysen lese, mache ich mir Gedanken. Natürlich erstellen gerade Versicherungen solche Reports nicht ohne Hintergedanken, denn sie wollen ja ihre Produkte verkaufen. Aber: die zugrunde liegenden Fakten sind gegeben und sollten nicht übersehen werden. Zwar kann man das auf unterschiedliche Weise interpretieren, aber Fakt bleibt nun mal Fakt. Deshalb sind die Menschen ganz klar im Vorteil, die sich selbst um Vermögensbildung und Altersvorsorge kümmern, statt es vertrauensvoll und unkontrolliert der Regierung oder einer Versicherung zu überlassen. Finanzkompetenz kann man erwerben und sollte gerade in der heutigen Zeit selbstverständlich sein.